Österreichs Gesundheitssystem: gut, doch im Vergleich zu teuer

Vertretung der EU-Kommission in Ö/APA-Fotoservice/Tanzer

Ein aktueller Vergleich von EU-Kommission und OECD nimmt die Gesundheitssysteme der 28 EU-Staaten genauer unter die Lupe. Die „State of Health in the EU“-Berichte untersuchen den Gesundheitszustand der Bevölkerung und wesentliche Risikofaktoren für die Gesundheit. Die Untersuchung beschäftigt sich auch mit den jeweiligen nationalen Gesundheitssystemen: Wie wirksam sind sie? Wie gut haben die Bürger zu ihnen Zugang?

In einem Pressegespräch mit Experten der EU-Kommission und der OECD in Wien wurde deutlich, dass das österreichische Gesundheitswesen zu den teuersten in der EU gehört. Österreich liegt mit jährlichen Gesundheitsausgaben von 3.808 EURO pro Kopf an 6. Stelle der 28 EU-Mitgliedsstaaten. Der EU-Durchschnitt liegt bei 2.797 EURO. Diese hohen Kosten spiegeln sich aber nur zum Teil im Gesundheitszustand der Bevölkerung wider, zumal die Lebenserwartung nur knapp über dem EU-Durchschnitt (80,6 Jahre) bei 81,3 Jahren liegt und die Anzahl der „gesunden Lebensjahre“ sogar darunter. Michael Gmeinder von der Abteilung für Gesundheit in der OECD sagte dazu: „Das österreichische Gesundheitssystem bietet einen guten Zugang zu Gesundheitsleistungen, ist aber relativ teuer. Dem vergleichsweise hohen Einsatz an finanziellen Mitteln stehen allerdings nur teilweise bessere Health Outcomes gegenüber. So liegt beispielsweise die Anzahl der in Gesundheit verbrachten Lebensjahre unter dem EU-Schnitt. Andere Länder erreichen hier bessere Resultate mit geringeren finanziellen Mitteln.“

Tabakkonsum in Österreich besonders hoch

Eine weitere Herausforderung für Österreich sind ungesunde Lebensstile, zu denen in erster Linie Tabakgenuss und übermäßiger Alkoholkonsum gehören. Österreich liegt dabei im Spitzenfeld jener Länder, in denen Rauchen noch immer sehr weit verbreitet ist. Matthias Schuppe, Experte der EU-Kommission im „State of Health in the EU“-Team, meinte dazu: „Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ebnen den Weg für ein wirksameres und effizienteres Gesundheitssystem. Die hohe Zahl der Raucher zu verringern und den Alkoholmissbrauch zu reduzieren ist eine Herausforderung für viele Mitgliedsstaaten, auch für Österreich. Abgesehen von den unausgewogenen Investitionen in die Prävention gilt es, sich sozialer Ungleichheiten anzunehmen, die sich in den Unterschieden bei der Nutzung von Krebsvorsorgeuntersuchungen, aber auch der regelmäßigen körperlichen Betätigung zwischen Menschen mit höherem bzw. niedrigerem Einkommen oder Ausbildungsniveau zeigen.“

Kostentreiber Spitalspolitik und Fragmentierung

Eine Ursache für das Missverhältnis zwischen Kosten und Ergebnissen ist die starke Fokussierung auf Spitäler, die einen großen Kostenfaktor darstellen, oder die Fragmentierung des Gesundheitssystems, die eine gemeinsame Planung der stationären und ambulanten Versorgung erschwert. Marc Fähndrich, wirtschaftspolitischer Berater an der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, sagte bei dem Pressegespräch: „In Österreich dominiert der Krankenhaussektor. Bei einem Spital werden jedoch vielfach gesundheitspolitische Argumente von arbeitsmarkt- und strukturpolitischen Erwägungen überlagert. Dies ist nicht immer effizient und im Sinne des Patienten.“

Schließlich ist auch die Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte mit Kassenvertrag eine mittelfristige Herausforderung für Österreich, zumal beinahe 60 Prozent dieser Ärzte mindestens 55 Jahre alt sind und in den nächsten 10-15 Jahren in den Ruhestand treten werden.

Hintergrund

Die länderspezifischen Gesundheitsprofile bieten einen knappen und politisch relevanten Überblick über die Gesundheit und die Gesundheitssysteme in den EU-Mitgliedsstaaten, mit Schwerpunkt auf den Besonderheiten und Herausforderungen jedes Landes. Sie sind darauf ausgelegt, die Bemühungen der Mitgliedsstaaten bei ihrer evidenzbasierten Politikgestaltung zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission in diesem Monat den ersten Zweijahreszyklus zum Gesundheitszustand in der EU abgeschlossen.

Die länderspezifischen Gesundheitsprofile wurden in Zusammenarbeit mit der OECD und dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik ausgearbeitet.

Die 28 länderspezifischen Gesundheitsprofile finden Sie hier: https://ec.europa.eu/health/state/country_profiles_de und den Begleitbericht hier: https://ec.europa.eu/health/state/summary_de

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